Am nächsten Tag musste wieder die gesamte Ausrüstung in Taschen, Rucksäcken und Fässern verstaut werden. Nicht ganz einfach, obwohl wir gut 50 kg Essen weniger hatten. Da Barbara noch eine Fahrradtour durch Patagonien unternehmen wollte und Micha weiter in die USA flog, mussten wir große Teile von ihrem Gepäck mitnehmen. Irgendwie passte es dann mit Biegen und Brechen doch. Kurz nach Mitternacht wurden wir von drei Taxis Richtung Flughafen gefahren. Dort gab es selbstverständlich wieder Zoff mit unserem vielen Gepäck, da die LAN Mitarbeiter erst nicht verstanden, dass jeder von uns 46 kg in zwei Gepäckstücken mitnehmen durfte. Am Ende klappte es doch :) Das Gepäck wurde diesmal gleich bis Frankfurt durchgecheckt. Allerdings sahen wir im Vorbeigehen auf dem Flughafen in Santiago einen uns bekannten Rucksack. Der Strichcode war bereits in Punta Arenas verloren gegangen. Nochmals Glück gehabt! In Santiago hatten wir ausreichend Aufenthalt, um uns mit Freunden zum Mittag zu treffen und ein wenig den dortigen Sommer zu genießen. Bei 30° im Schatten und einem Kaltgetränk in der Hand vergisst man schnell die Strapazen der letzten Wochen;) |
Am 15.2. landeten wir dann gegen 18:30 Uhr in Frankfurt und so bekamen Knox und ich nach ein paar Sprinteinlagen und Zeitoptimierungsmaßnahmen sogar noch den Zug 19:30 Uhr nach München. Die Dresdner Fraktion fuhr nach Leipzig und wurde dort mitten in der Nacht abgeholt, um am frühen Morgen todmüde ins Bett zu fallen… |
Mit weniger Leuten und Gepäck ging es diesmal mit nur zwei Autos auf die Schotterpiste. Zu acht in einen Hundai Mannschaftsbus einsortiert, hieß es anfangs recht häufig: “Bitte kurz aussteigen!”, um zu schieben oder eine schwierige Fahrpassage mit dem nicht ausreichend geländegängigen Fahrzeug zu überwinden. Aber selbst die Flussquerung mit Wasser bis knapp über die Knie schafften wir nach dem Motto „Lichter aus und durch“. Nach einer anstrengenden und staubigen Fahrt waren wir nach zwölf Stunden wieder im Hostel. Dort wartete schon die Hostelcrew auf uns und Cristian hatte eine große Tafel auftragen lassen. Es gab Schafsfleisch, Reis und eine vorzügliche Sauce dazu. Nach vier Wochen Tütenfutter, war dies eine wunderbare Überraschung und eine gesunde Abwechslung dazu. Bei gutem Wein und Tourberichten klang der Abend in gemütlicher Runde allmählich aus. In den nächsten beiden Tage kam keine lange Weile auf. Wir nutzten sie, um Souvenirs und Briefmarken für die restlichen Grußpostkarten zu kaufen, ein Interview bei der Lokalzeitung “La Prensa Austral” zu geben, Andrés Rückflug zu organisieren und zu guter Letzt noch ein wenig im Hostel zu entspannen. |
Am Abend gaben wir ein Asado aus — bedeutet, wir baten Christian, Fleisch auszusuchen und es auf dem Grill nach chilenischer Art zuzubereiten. Dazu gab es jede Menge Wein, Bier und Pisco. Christian wusste, dass am Abend die Eröffnung des “Patagonian Expedition Races” stattfindet. Ein gefundenes Fressen für uns, gab es doch reichlich Pisco Sour 4 free und ein reichhaltiges Buffet, welches wir auch noch plünderten… Die Teilnehmer hatten an dem Abend noch gut Lachen, aber ihnen stand die Expedition noch bevor — wir hatten unsere gerade erfolgreich beendet;) |
Es ist soweit: nachdem wir am Tag zuvor bereits die erste Hälfte des Gepäcks wieder ans Meer geschafft hatten, hieß es jetzt Abschied nehmen von unserem lauschigen Basislager und dem Monte Buckland. Letzterer schien sich dafür nicht zu interessieren, er ließ sich nicht hinter seinen Wolken blicken. Das Wetter wollte uns den Abschied offentsichlich leicht machen: Wie schon die letzten Tage regnete und windete es stark und bis auf eine kleine Pause, die wir nutzten um die Zelte einzupacken, blieb es auch so. Der Gletscherfluss, dessen Querung bis dahin immer gut zu meistern war, hatte sich durch die gestiegenen Temperaturen in einen reißenden Strom verwandelt. Dass die Unterhose nass wurde, war dabei unser kleinstes Problem und mir fiel ein Felsblock vom Herzen, als alle heil am richtigen Ufer angekommen waren. Auch die Steilstufen im Wald hatten durch die Nässe nicht an Anspruch verloren, wo vorher noch Moos war lachte jetzt der blanke Matsch und überall kamen neue kleine oder auch größere Bäche den Hang herunter. |
Es dauerte aber noch eine Weile, bis dieser Wunsch in Erfüllung ging. Zunächst musste das Gruppenzelt aufgestellt und und die noch nicht vollständig nassen Sachen einigermaßen verstaut werden. André machte sich nochmal auf den Weg ins Zwischenlager um die letzte Tonne zu holen, die noch dort geblieben war. Als dann endlich alle im Zelt saßen mit der Tüte Essen in der Hand und dem warmen Tee im Becher, konnte uns der Regen, der immer noch auf’s Zelt prasselte, mal am A…lecken. Die Vorstellung jetzt noch einen Tag am Strand in diesem Regen zu sitzen, erschien uns wenig reizvoll. Als ich aber am Morgen einen Blick aus dem Zelt riskierte, schon erstaunt über das fehlende Prasselgeräusch, wähnte ich mich im falschen Film: blauer Himmel und strahlender Sonnenschein soweit das Auge reichte. Auf dieses Wetter hatten wir seit vier Wochen gewartet! Die Gefühle schwankten zwischen “Warum erst jetzt!” und “Endlich wieder mal Sonne!”. Wir haben uns entschlossen, das beste aus der Situation zu machen, endlich mal wieder alles richtig zu trocknen, am Strand zu liegen und uns die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen… |
… vor dem Zelt breiteten sich unsere triefend nassen Klamotten ähnlich einem bunten Flickenteppich aus und trockneten in Windeseile. Mit ein paar kleineren Fotospaziergängen, um die letzten Blicke auf Buckland und Co. einzufangen, ging wieder ein Tag am Strand zur Neige und wir verkrümelten uns im Zelt. Kurz vor dem Einschlafen wurden wir auf ein Motorengeräusche aufmerksam…Unsere Bootscrew konnte endlich übersetzen, und da die Windvorhersage für den nächsten Tag auch gut zu werden versprach, entschlossen sie schon am Abend überzusetzen. Die Tage mit Warterei waren hoffentlich zu Ende, denn Andrés Flug war ja schon weg und unser Termin rückte auch immer näher. Am nächsten Tag passte das Wetter und wir starteten gegen 9 Uhr aus der Bahía Fitton in Richtung Puerto Yartu, welchen wir mit letzter Kraft erreichten. |
Der zunehmende Wellengang hatte unseren Benzinvorrat rascher in den Tiefen des Motors versickern lassen, als er kalkuliert war, so dass wir den letzten Kilometer selber Hand an die zwei vorhandenen Stechpaddel legen mussten. |
Als ich heute morgen mit hektischer Schnappatmung aufwachte, war klar irgendetwas war passiert! Mein erster Blick galt meinem Schlafsack. Er fühlte sich außen wohlgeformt und trocken an, innen mollig warm. Mit einem lauten Zischen entwich die nächtliche Pupsluft beim Öffnen des Reisverschlusses und es blieb ein Häufchen Elend übrig. Kurzzeitig gab es wieder Luft und der Atem beruhigte sich ein wenig. Der zweite Blick ging instinktiv zur Uhr — hatte ich verschlafen? Es war noch dunkel im Zelt, ich konnte nichts erkennen! Kurz den Abend Revue passieren lassen, wo hatte ich die Lampe im Zelt verloren — während des Schlafens hatte ich auf nichts Unbequemen gelegen? Der Mp3-Player musste als Lichtquelle herhalten. 5:27 Uhr — und das im Urlaub! Der obligatorische Blick auf den Luftdruck nahm mir fast den restlichen Atem — 934 mbar stand da in großen Ziffern auf dem Display. Ein erneuter Blick brachte Gewissheit — historischer Urlaubstiefsstand des Luftdruckes — meines Hechelns Ursache war gefunden — es fehlte einfach an Luft. Seit dem Basislageraufbau kannte der Luftdruck nur eine Richtung, stetig steil bergab mit extra großen Schritten. Jedes hart erkämpfte Millibar in Richtung 1000 wurde euphorisch gefeiert, nur um sich kurzzeitig später wieder als Eintagsfliege herauszustellen. |
Wenn man den auf Normalnull gerechneten Druck mit dem niedrigsten gemessenen Luftdruck des letzten Sturmes in Deutschland vergleicht — und der war ziemlich tief -, bewegen wir uns entspannt in diesen Luftdruckbereichen. Zum Glück brauchen wir uns nicht vor abbrechenden Ästen oder herabstürzenden Dachziegeln schützen. Unsere einzige Sorge beschränkt sich auf die Gestängebögen der Zelte. |