Unsere Expedition wandelte auf den Spuren des Missionars und Abenteurers Alberto de Agostini, welcher vor genau 100 Jahren der erste Mensch war, der die Berge Feuerlands erforschte. Im Jahre 1910 zur Leitung einer Mission nach Feuerland versetzt, begann er in den Folgejahren die Kanäle des Archipels zu erkunden, durchquerte Teile der Bergkette zu Fuß und bestieg mehrere Gipfel auch selbst. Die ersten Expeditionen zum Monte Sarmiento und zum Monte Buckland unternahm er 1912. Zum seltenen Anblick des Buckland schrieb er in seine Aufzeichnungen: „Unweit davon, jenseits einer Schlucht, steigt wie ein riesenhafter Obelisk ein einzelstehender, gewaltiger Gipfel auf, der größtenteils von Wolken verschleiert ist. … In die Südwestwand [Anm.: über welche später die Erstbesteigung erfolgen sollte] ist nahe dem Gipfel ein kleiner Gletscher eingebettet. Von dieser Seite zeigt sich der Berg etwas sanftmütiger, obwohl auch von da eine Besteigung äußerst gewagt erscheint.“[1] Er taufte den Nachbarberg „Monte Sella“ (zu Ehren eines italienischen Staatsmannes), schlechtes Wetter verhinderte jedoch eine Besteigung dieses Berges. Seine umfangreichen Reiseberichte mitsamt Fotos stellen heute noch eine interessante Dokumentation der Menschen und Landschaften Feuerlands zu jener Zeit dar.
In den Jahren 1928 und 1929 überfliegen der deutsche Flugpionier Gunther Plüschow und sein Bordingenieur Ernst Dreblow zum ersten Mal die Cordillera Darwin und den Monte Buckland. Sie bringen die ersten Luftaufnahmen mit nach Europa; das Plüschow-Buch „Silberkondor über Feuerland“ [2] sowie sein Film werden zum Verkaufsschlager jener Tage.
Im Alter von 74 Jahren führte de Agostini im Jahre 1956 erneut eine Expedition zum Monte Sarmiento. Am 7. März schließlich gelang dem Team Clemente Maffei und Carlo Mauri die ersehnte Besteigung des Hauptgipfels über den Südwestgrat [3]. Aufgrund der extrem schwierigen Eisverhältnisse ist der Gipfel bis heute nicht wiederholt bestiegen worden. Lediglich der etwas niedrigere Westgipfel wurde seither dreimal bezwungen [4,5,6].
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Während dieser ´56er-Expedition war de Agostini fasziniert von der Spitze des Buckland auf der anderen Seite des Fjordes, so dass er den Berg aufgrund seiner Ähnlichkeiten mit dem legendären, damals noch unbestiegenen und heiß umworbenen Torre Muztagh im Himalaya vergleicht [7].
Erneut war es Carlo Mauri, welcher nun eine Ragni di Lecco-Expedition zur Besteigung des Monte Buckland im Jahr 1966 organisierte. Alle 6 Mitglieder -Mauri, Ferrari, Allipi, Giudici, Machetto und Pirovano- standen am 6. Februar auf dem Gipfel. Ihre Route führte von der Bahía Encanto über die Westseite des Berges eine enge Schlucht hinauf auf den Hochgletscher, und von da aus die SW-Wand empor zum Gipfel [8]. Fast hätte sie eine riesige Gletscherspalte kurz vor dem Ziel gestoppt, jedoch entdeckte Ferrari nach langem Suchen einen kleinen Übergang hin zur Gipfelwand. Die letzten 70 m ging es steil einen Eisschlauch hinauf zum schmalen Gipfelgrat, welchen man gen Süden bis zum höchsten Punkt folgte [9].
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Seit der Erstbesteigung schliefen der Monte Buckland und seine Umgebung einen Dornröschenschlaf — bis jetzt!. Es gab zwar einzelne Aktivitäten in der Folgezeit bis heute, jedoch waren diese entweder selten ernsthaft auf Besteigungen ausgerichtet bzw. wurden die versuchten Besteigungen gänzlich vom schlechten Wetter vereitelt [10].
Quellen:
[1] |
De Agostini, A. (1924): Zehn Jahre im Feuerland. Brockhaus, Leipzig |
[2] |
Plüschow, G. (1929): Silberkondor über Feuerland. Ullstein, Berlin |
[3] |
— (1957): American Alpine Journal, Vol. 10, S. 165 – 166 |
[4] |
— (1988): American Alpine Journal, Vol. 30, S. 178 |
[5] |
Wickwire, J. (1996): American Alpine Journal, Vol. 38, S. 238 – 240 |
[6] |
Gantzhorn, R. (2010): American Alpine Journal, Vol. 52, S. 191 – 192 |
[7] |
De Agostini, A. (1958): Sfingi di ghiaccio. ILTE, Torino |
[8] |
— (1967): American Alpine Journal, Vol. 15, S. 400 |
[9] |
Rocca, A. (1989): Cuadernos patagonicos, Vol. 6 |
[10] |
Scott, D. (1996): The Alpine Journal, Vol. 101, S. 83 – 89 |
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