The fol­low­ing art­icle was pub­lished in Säch­s­is­chen Zei­tung on 16.12.2011 (in Ger­man only):

Fern­weh nach Feuerland

Sieben Sach­sen machen sich auf den Weg nach Patag­onien – ein­ige von ihnen nicht zum ersten Mal. Sie erforschen neues Ter­rain abseits des Tru­bels der bekan­nteren Gip­fel und leisten so Pioni­er­arbeit. (Von Maik Schwert)

Am Anfang war nur dieses Bild. Robert Koschitzki blickte das erste Mal auf ein altes Foto des Monte Buck­land. „Das genügte, um das Krab­beln in den Fin­ger­spitzen wieder zu spüren – die Aben­teuer­lust war geweckt“, sagt der Dresdner. Vor mehr als einem Jahr war das, als Markus Kautz ihm diese Auf­nahme unter die Nase hielt. Seit­dem bereiten beide ihre zweite Exped­i­tion nach Patag­onien vor. Am 5. Januar brechen sie mit vier weit­eren Bergsteigern und einer Bergsteigerin zum anderen Ende der Welt auf – genau 100 Jahre, nachdem Alberto Maria de Agostini die Berge und Fjorde Feuer­lands erst­mals erforschte.

Der Patagonien-​Pionier aus Italien bes­chrieb den Monte Buck­land als ein­zeln stehenden, gewalti­gen, großen­teils von Wolken ver­schleier­ten Gip­fel, der wie ein riesen­hafter Obelisk auf­steigt. Auch der deutsche Flug­pi­onier Gun­ther Plüschow schwärmte 1929 von diesem unge­heuren Klotz aus leuchten­dem, schim­merndem Eis, der wie ein Him­mel­skeil aus der blauen Flut heraus­ragt. Bestie­gen haben ihn beide nicht. Das gelang am 6. Feb­ruar 1966 sechs Italien­ern zum ersten und bisher ein­zi­gen Mal – zumind­est nach den Inform­a­tionen von Kautz und Koschitzki.

Die zwei Planer wis­sen, worauf sie sich ein­lassen. Beide waren im Feb­ruar und März 2009 erfol­greich am Cerro Moy­ano und Cerro Norte in Patag­onien unter­wegs. Schon dam­als erforschten sie neues Ter­rain abseits des Tru­bels bekan­nterer Gip­fel wie dem Fitz Roy und lernten auch ihre Gren­zen kennen. „Am Cerro Norte habe ich gefroren wie noch nie und mich wie eine ein­ger­o­stete Zange gefühlt“, erzählt Koschitzki von einer 38-​Stunden-​Tortur im Eis, Regen, Schnee und Sturm, nach der sie am Ende ihrer Kräfte waren: „Da haben wir Fed­ern gelassen und unsere Not­spa­ghetti sogar roh verschlungen.“

Extreme Situ­ationen erwarten beide auch bei ihrer näch­sten Exped­i­tion. Schließ­lich gehören die Ber­gketten am Südzip­fel Latein­ameri­kas zu den unwirt­lich­sten und daher auch am wenig­sten erkun­deten Gebirgs­re­g­ionen der Erde. Ihre Gip­fel ragen direkt aus dem Meer bis auf 2 500 Meter Höhe steil empor. Dichter, fast undurch­dring­licher Reg­en­wald umgibt sie. Unbe­ständigkeit, immense Nieder­sch­lags­men­gen und extreme Winde prä­gen das Wet­ter. „Weite Teile der Cor­dillera Dar­win sind aus­schließ­lich über den Seeweg erreich­bar“, sagt der 31-​Jährige, „und so ver­schlägt es nur sel­ten Bergsteiger oder andere Aben­teurer dahin.“ Gerade deshalb strah­len diese Gip­fel eine unge­mein große Fasz­in­a­tion auf ihn und seine Beg­leiter aus.

Auch der Monte Buck­land liegt auf einer von Meeresar­men eingerah­mten Hal­bin­sel. Die Sach­sen set­zen mit einem Sch­lauch­boot vom Fest­land über. Ihr wichtig­stes Ziel ist die zweite Besteigung des etwa 1 800 Meter hohen Gip­fels auf einer neuen Route durch die noch jung­fräu­liche Nor­dost­wand. Die Italiener bezwan­gen den Berg vor 45 Jahren über die Süd­west­wand. „Wir wis­sen nichts über Eis­ver­hält­n­isse und Lager­plätze“, sagt der Wirtschaftsin­genieur. Doch genau das macht den Reiz für ihn und die anderen aus: Neu­land betre­ten und Unbekan­ntes ent­decken. In diese Rich­tung wollen sie sich auch kün­ftig weiter treiben lassen.

Mög­lich­er­weise steuern wir weit­ere Ziele rund um den Monte Buck­land an“, sagt Koschitzki. Drei andere Gip­fel heißen Monte Aosta, Monte Biella und Monte Sella – alle unbestie­gen und laut Kart­en­ma­terial 1 500 bis 2 000 Meter hoch. Die Angaben variieren. Über diese Berge existieren – abgese­hen von ein­i­gen Fotos – keine ver­wert­baren Inform­a­tionen. „Wir ver­suchen, etwas Pioni­er­arbeit zu leisten.“ Mit detail­lier­ten Fotos und Karten wollen die Sach­sen erst­mals Auf­stiegs­mög­lich­keiten, Höhen und Lagen umfassend dok­u­mentieren. Da passt es gut, dass mit Franz Goer­lich und André Kunert zwei Kar­to­grafen zur Mannschaft gehören. Doch auch Koschitzki kennt sich damit aus. Der wis­senschaft­liche Mit­arbeiter am Insti­tut für Pho­to­gram­met­rie und Fern­erkundung an der Tech­nis­chen Uni­versität in Dresden befasst sich mit der räum­lichen Aus­wer­tung von Kam­er­ab­ild­daten und ist zu Stu­den­ten­zeiten in Kir­gistan und in der Dachstein­süd­wand­höhle in der Steier­mark in Öster­reich auf Ver­mes­sung­s­ex­pedi­tionen gewesen.

Gletscherseen wie Badewannen

Aktuell beschäftigt er sich mit dem Phäno­men plötz­lich aus­brechender Gletscherseen, beis­piels­weise in Patag­onien. „Das funk­tioniert wie bei einer Bade­wanne, wenn jemand den Stöpsel zieht.“ Kün­ftig soll ein Sys­tem die Bewohner gefähr­de­ter Täler frühzeitig vor sol­chen Fluten warnen. Gut, dass sich Koschitzki bald ein Bild aus der Nähe machen kann. Für die bis zum 11. Feb­ruar dauernde Reise nimmt er unbezahl­ten Urlaub. Die Ges­amtkos­ten von etwa 25 000 Euro fin­an­zieren die Sach­sen über Eigen­mit­tel und Sponsoren. An alle weit­eren Unter­stützer des Teams schicken die Teil­nehmer eine hand­sig­nierte Gruß­postkarte vom anderen Ende der Welt.

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