Unsere Zelte standen in einem schmalen Tal, seitlich begrenzt von fast senkrechten, etwa 500 Meter hohen Felswänden. Die herabrauschenden Wasserfälle wurden vom Wind verweht, bevor das Wasser den Talboden erreichen konnte. Hinter uns lagen Biberteiche sich abwechseln mit schier undurchdringlichem Regenwald und vor uns verengte sich das Tal zu einer Art Canyon, der in einer unüberwindbar erscheinenden Steilstufe nach oben führte. Wir sahen unsere Chancen, einen Platz für ein angenehmes Basislager zu finden, schon schwinden…
Der nächste Tag brachte jedoch recht gutes Wetter (bewölkt ohne Regen) und alles sah schon etwas freundlicher aus. Ziel für diesen Tag war es, weiteres Material über einen besseren Weg in das Zwischenlager zu transportieren und einen Weg in ein mögliches Basislager zu erkunden. Schließlich warteten noch einige Kilo unten auf der Wiese.
Die erste Gruppe, bestehend aus Rokos, Micha und Dani, startete gegen Mittag mit Machete und „Minimalgepäck“ bewaffnet Richtung Süden das Tal hinauf. Die zweite Gruppe begann sich einen neuen Weg in die andere Richtung zu bahnen. Der, den wir am Tag zuvor gekommen waren, war definitiv unbrauchbar. Nach etwa 2,5 Stunden „Versuch und Irrtum“ kamen wir am Depotplatz an. Der Weg war nahezu optimal: Relativ gutgängiger Wald (will heißen, man musste nicht ununterbrochen morsche Baumstämme überqueren) und eine Flussquerung ohne Schuhwechsel (durch Balancieren über einen umgestürzten Baum). Mit 30 Kilo Gepäck auf dem Rücken war er dann trotzdem beschwerlich und durch unsere Markierungsarbeiten zeitaufwendig, aber immerhin in nun zwei Stunden zu bewältigen statt in fünf.
Mit dem Erkundungstrupp kommunizierten wir über Funkgeräte im zwei-Stunden-Takt. Zunächst klangen ihre Nachrichten düster: Nach der ersten Steilstufe, folgte eine zweite, danach steiler und undurchdringlicher Wald. Sie waren schon kurz vor dem Umkehren. Dann aber die erlösende Botschaft: Oben lichtete sich das Dickicht, es gab freie Sicht, angenehmes Gelände und sie hatten einen See gefunden, an dem sie unser Basislagerzelt mit Blick auf den Bucklandgletscher aufbauen konnten. Da war es aber schon gegen 18 Uhr und sie beschlossen, die Nacht oben zu verbringen. Die Aussicht auf ein erreichbares und vor allem schön gelegenes Basislager ließ die Motivation aller in ungeahnte Höhen steigen.
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Am nächsten, diesmal sehr verregneten Tag machte sich die Erkundungsgruppe auf den Rückweg. Obwohl der Weg vom geplanten Basislager bekannt war, benötigten sie nahezu die selbe Zeit für den Rückweg. Eine übermenschliche Anstrengung war von Nöten, um für weitere 17 Lastentransporte einen gangbaren Weg durch das Dickicht zu schlagen.
In der Zwischenzeit holten die „Sherpas“ abermals Material vom Depot in der Nähe des Strandes. Am frühen Nachmittag trafen sich beide Gruppen im Zwischenlager wieder und Micha und Dani schlossen sich der Sherpagruppe für eine zweite Runde Gepäcktransport an.
Donnerstag begann der Hauptgepäcktransport vom Zwischenlager ins Basislager über die zwei Steilstufen, wobei die erste, nahezu senkrechte, mittels Fixseil überwunden werden musste. Mit ein wenig Hochzittern und auf die Stabilität des Wurzelwerkes hoffend wurden die anderen Stufen bewältigt. 7 Stunden Schinderei und jede Menge Schweiß kostete dieser Tag. Hinzu kam, dass meine Stimmung auf dem Jahrestiefststand angekommen war. Nachdem ich schon wieder Material mittels Lastenkraxe umhertrug (diesmal 20l Benzin und eine 35l Tonne mit allem möglichen) war ich nur dabei auf die Tonnen und alles andere zu schimpfen. Gekrönt wurde der Tag von Knox‘ und meinen Kochkünsten. Nötige Utensilien, um ein Essen schnellstmöglich zu versauen: XGK-Benzinkocher, dünner Edelstahltopf, Reis, Wasser. Geschmacklich: Leichte angebrannte Note bei bissfestem Reis, begleitet von allen Gewürzen, die wir finden konnten um vielleicht noch etwas am Essen zu retten. Fazit: Der Hunger trieb es rein und Barbara wird nie wieder den Kochlöffel aus der Hand geben.
Der Plan für Freitag war: Alle buckeln abermals zwischen 25 und 30 kg ins Basislager und Rokos, Dani und Knox holten in einem zweiten, vermeintlich leichteren Gang die letzten Reste aus dem Zwischenlager. Die erhöhte Motivation war deutlich spürbar und am frühen Nachmittag kam die erste Gruppe im Basislager auf sage und schreibe ca 300m über Null an. Am Abend zeigte sich uns der Wettergott gnädig und wir konnten noch ein paar kurze, fast Wolkenfreie Momente auf den Monte Buckland erhaschen. An unserem wingeschütztem Plätzchen läßt sich fast etwas sommerliche Wärme erahnen und die idyllische Ruhe wird nur durch das wiederkehrende Grollen der herabstürzenden Seracs unterbrochen.
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