Auf dem Monte Niebla
Nach zwei Schlechtwettertagen gab es so etwas wie einen Trockentag mit Sonne, blauem Himmel und nur vereinzelten Schauern. Eifrig wurden Pläné für den nächsten Tag geschmiedet. Der langsam einsetzenden Lethargie (?) musste Einhalt geboten werden. Bisher waren wir in Richtung Süden und Westen zu Touren aufgebrochen. Die im Norden liegende Kette mit Monte Biella und Aosta war bis auf den Versuch von André und mir bisher unberührt. Die vom Monte Elbflorenz östlich liegende Felsspitze wurde als Tagestour ins Auge gefasst. Ziel war die Erstbesteigung, und zwar von Norden, hatten wir doch vom Boot aus gesehen, dass nordseitig große Gletscher ins Tal ziehen — zu abweisend sah die Westseite aus. Zahlreiche Bilder der Erkundungstouren wurden gewälzt, um einen möglichen Durchschlupf durch den talabschließenden Felsriegeln zu finden. Auf den vom Lago Alto aus geschossenen Bildern und dem Satellitenbild konnte im westlichen Teil eine Möglichkeit ausgemacht werden. Die Gruppenzeltschläfer, Knox und ich, wurden zum Weck– und Frühstücksdienst eingeteilt. Pünktlich um vier Uhr entriss ich alle ihren Träumen und es gab den mittlerweile liebgewonnen Haferschleim. Das Wetter schien brauchbar zu werden, kein Regen, möglicherweiser Wind in der Höhe, aber Plusgrade. Der Zustieg zum Gletscher war angenehm einfach, quasi kein Wald oder Sumpf. Beim Erreichen des Gletschers teilten wir uns in zwei Seilschaften. Erstere als Spurer, letztere als „Treppensteiger“. Zügig erreichten wir den Abzweig zum Monte Elbflorenz und alsbald konnten wir auch unseren erhofften Durchschlupf erkennen. Er sah machbar aus. In Vorfreude auf den einfachen Durchstieg dezimierte sich die erste Seilschaft plötzlich. Dani, der den beliebten und nervenaufreibenden Job des Tapsers, Hoffers und Spurers inne hatte, war hüfttief in einer Spalte versunken. Bei den in den letzten Tagen gefallenen Neuschneemengen kein Wunder, konnte man doch nur anhand der Geländeformen erahnen, wo sich eine Spalte verstecken könnte. Eine durch den Wind geschaffene filigrane Schneebrücke ermöglichte den Zustieg auf den Felsriegel des Grates. Leichte Kletterei folgte und der Übergang auf die Nordseite war geschafft. Ein riesiges Gletscherbecken mit noch größeren Spalten tat sich auf. Erstmals hatten wir Sicht auf die Bahía Fitton und die umliegenden Kanäle. |
Etwa eine Stunde später zog es stark zu und die Sicht verkürzte sich auf teilweise unter 50m. Am Ende wurde der Schnee Knie– bis Hüfttief. Ich ging mittlerweile vorne und konnte mich glücklich schätzen, dass Wolle auch wärmt, wenn sie nass geschwitzt ist. Nach etwa einer weiteren halben Stunde Stapfen entschied sich ein Teil der Gruppe wegen des schlechten Wetters wieder abzusteigen. Grund hierfür war einerseits das Wetter, das nicht gerade zum Bergsteigen einlud und zum anderen die Ungewissheit über den genauen Standort des Gipfels auf unseren aktuellen Ort bezogen. |