Erstbesteigungsbericht
Addio Gigi Alippi!
Gigi Alippi, der bis dahin letzte noch lebende Teilnehmer an der Erstbesteigung des Monte Buckland im Jahre 1966, ist vergangene Woche im Alter von 80 Jahren in seiner Heimat Lecco (Italien) gestorben. Damit verliert die Ragni di Lecco einen ihrer prägendsten Protagonisten und die Welt des Alpinismus einen Pionier des Expeditionsbergsteigens. Zu seinen herausragenden Leistungen zählen – neben der Buckland-Expedition – die Teilnahmen an Erstbesteigungen wie die der gigantischen Südwand des Mount McKinley in Alaska (Cassin Ridge, 1961), der endlos steilen Eisflanke des Jirishanca in Peru (Westwand, 1969), des Huantsan-SW Gipfels ebenfalls in Peru (1972) sowie der lang umkämpften Cerro Torre-Westand in Patagonien (1974). Seine Seilpartner dabei waren u.a. die legendären Carlo Mauri, Casimiro Ferrari und Riccardo Cassin. Nach weiteren Expedition ins Himalaya (z.B. Versuch in der Lhotse-Südwand, 1975) war sein letzter großer Erfolg wiederum in der Cordillera Darwin: die Erstbesteigung des Westgipfels des Monte Sarmiento 1986. |
Nordwand-Versuch im Jahr 2000
Bis jetzt glaubten wir, die kurze Besteigungsgeschichte des Monte Buckland sei erzählt – ein Irrtum, wie sich nun herausstellte! Nachforschungen im Rahmen von Camilo Rada´s Projekt «Uncharted — Cordillera Darwin» ergaben, dass es bereits vor unserer Expedition einen bisher unveröffentlichten Versuch an Buckland´s jungfräulicher Nordseite gab. Ein Team namhafter US-Kletterveteranen, Jim Wickwire (*1940), John Roskelley (*1948) und Chris Kopczynski (*1948) – jeder von ihnen mit einer Liste bemerkenswerter Besteigungen an den höchsten Bergen der Welt im Gepäck – starteten im späten Südsommer des Jahres 2000 ihre kleine Expedition. Bereits 5 Jahre zuvor organisierte Wickwire eine erfolgreiche Expedition zum Monte Sarmiento, wo Roskelley, Stephen Venables (GB) und Tim Macartney-Snape (AUS) die zweite Begehung (Neutour) des Westgipfels gelang. Wie uns Jim Wickwire nun erzählte, gelangte das Team damals per Polizeihubschrauber direkt zum westlichen Fuß des Monte Buckland. Die geplante Route sollte über Rampen und Bänder durch die untere Nordwestwand führen hinauf zu einem Hängegletscher, und von dort in die markante Scharte im Nordgrat (dort wo wir unser Hochlager bezogen). Von dort aus hofften sie, den von unten nicht einsehbaren Zugang zur oberen Gipfelwand zu finden, welche sie wiederum vom Basecamp aus gut einsehen konnten: ”… it was very steep – easily 65 degrees, if not more, for the upper section to the summit ridge”. |
Wie sich bei unserer Expedition herausstellte, eine sehr treffende Einschätzung! Jedoch erschwerte dem Team bereits im unteren Wandteil der schlechte, glitschige Fels und später hartes Gletschereis den Aufstieg. Letztlich mussten sie ihren Versuch noch vor Erreichen der Scharte etwa auf Höhe des Hängegletschers aufgeben (ca. 950 m). Ein erhoffter zweiter Versuch wurde durch schlechtes Wetter und Zeitmangel verhindert. Nach der Expedition fassten sie ihre Erfahrungen wie folgt zusammen: “It is no surprise that this mountain has been climbed only once.” Dank Camilo´s Detektivarbeit und Jim´s Bericht zählt die Buckland-Chronik nun insgesamt drei Expeditionen: die Erstbesteigung 1966 via SW, der Versuch 2000 via NW und schließlich die Zweitbesteigung 2012 via NO. Die Zeitreihe der folgenden Fotos zeigt eindrücklich, wie sich das Gesicht des Berges verändert. Gletscher gehen merklich zurück, Eisrinnen mutieren zu Mixed-Herausforderungen, Eiswände offenbaren zunehmend den darunter liegenden (schlechten) Fels – alles Dinge, die für eine Besteigung erhöhte Schwierigkeiten bei reduzierter Sicherheit bedeuten. So werden wahrscheinlich in Zukunft Winterbedingungen jene sein, die am besten geeignet sind, um Plüschow´s Königin des Feuerlandes besteigen zu können. |
Addio Cesare!
Letzte Woche ereilte uns eine sehr traurige Nachricht aus Lecco in Italien: Cesare Giudici — einer der Erstbesteiger des Monte Buckland im Jahre 1966 — ist im Alter von 76 Jahren in seinem Heimatort verstorben. Bereits in jungen Jahren wurde er Mitglied der berühmten Ragni di Lecco, unter seinen Freunden und Seilpartnern finden sich u.a. Toni Egger, Carlo Mauri und Casimiro Ferrari. Zu seinen herausragenden Bergtouren zählten die erste Wiederholung der Via Bonatti an der Dru (1956, mit Piazza, Redaelli & Mauri), seine grandiose Neutour Pilastro Sud-Ovest an der Cima d’Ombretta (1956, mit Egger) sowie die Erstbesteigung des Monte Buckland im Jahr 1966 (VideoLink). Der große Casimiro Ferrari selbst bezeichnete ihn als fortissimo. Ohne den Einsatz von Cesare am steilen Gipfeleispilz des Monte Buckland wäre der Erfolg damals wohl nicht möglich gewesen. Noch im letzten Jahr hat Cesare uns bei einem Besuch in Lecco begeistert von seinen frühen Abenteuern erzählen können (Blogeintrag). |
Die Wände seiner Wohnung waren geschmückt mit den Bildern „seiner Berge". Die Augen leuchteten, als er das rote Seil, welches sie damals am Buckland benutzt haben, wieder hervor holte und nochmals über seine Schulter legte. Addio Cesare, Du hast Dich nicht nur in den alpinen Geschichtsbüchern verewigen können, sondern bleibst auch als guter Freund in unser aller Erinnerung! |
And the OSCAR goes to…
Ein wenig überraschend bekamen wir heute die Nachricht, dass unsere Expedition zum Monte Buckland im letzten Jahr auf der «Super Big List» des Piolet d’Or 2013 gelandet ist. Der Piolet d’Or ist quasi der Oscar des Bergsteigens und wird seit 21 Jahren von der französischen Zeitschrift Montagne Magazine in Zusammenarbeit mit dem französischen |
Extremalpinistenverband Groupe de Haute Montagne (GHM) vergeben. Mit dieser Auszeichnung sollen außergewöhnliche Leistungen im extremen Bergsport geehrt werden. Wenn man die Liste der 72 vorgeschlagenen Touren betrachtet, rechnen wir uns keine Chancen auf den Preis aus, aber stolz wie Bolle sind wir trotzdem!! |
Monte Buckland im Fernsehen
Am 12.12.12, 15:30 Uhr wird das Bergsport-Magazin BIWAK des Mitteldeutschen Rundfunks einen kurzen Beitrag über unsere Expedition senden. Während der rund 8-minütigen Sendezeit wird ein Teil des Filmmaterials verwendet, welches wir während der Buckland-Expedition gedreht haben. Lasst Euch überraschen, auch wir sind ziemlich gespannt, was daraus geworden ist! |
Bei dieser Gelegenheit geht nochmal ein großes Dankeschön an das Team von Sichtzeit-TV, welches den Beitrag produziert hat. Das Video findet ihr hier: Bis an das Ende der Welt. |
Topografische Namen, 1. Teil
Zu Gast bei einem der Erstbesteiger
Am vergangenen Wochenende bin ich gern der Einladung von Cesare Giudici (heute 76 Jahre) gefolgt, uns bei ihm zu Hause in Lecco am Comer See zu treffen. Natürlich war ich total gespannt darauf, mit ihm – einem der Erstbesteiger des Monte Buckland – die Erlebnisse von damals und heute auszutauschen. Er zeigte mir auch seine Dias der Expedition, ja sogar der Pickel und das Seil von 1966 existieren noch – es waren Momente voller Historie und Emotionen, verbunden mit großem Respekt für die Leistung jener Tage!! Cesare, wie ist damals eigentlich die Idee entstanden, zum Monte Buckland zu fahren? Die Idee kam schon während der Sarmiento-Expedition der Ragni di Lecco von 1956. Carlo Mauri sah damals auf der gegenüber liegenden Fjordseite diesen wunderschönen Berg, und nur dieser Anblick des unbestiegenen Berges motivierten ihn, eine Expedition dorthin zu organisieren. Damals war es ja noch viel schwieriger so etwas zu organisieren, das Hauptproblem für uns waren die Reisekosten. Wir hatten kaum Sponsoren und haben das allermeiste aus der eigenen Tasche bezahlt. Welche Informationen habt Ihr über den Berg gehabt, bevor Ihr ihn bestiegen habt? Eigentlich nur dieses Bild, diese Ansicht aus Südwesten. Deswegen war es auch klar ihn von dieser Seite her zu probieren. Am ersten Tag, bei der Ankunft in der Bahía Encanto, hatten wir perfektes Wetter. Wir konnten den Berg komplett wolkenlos sehen (das war allerdings auch das einzige Mal bis zum Ende der Expedition!), somit war der obere Teil der Aufstiegsroute klar. Der untere Teil auf die Gletscherschulter hinauf war von der Bucht aus nicht sichtbar, und blieb zunächst ein Rätsel. Doch wir waren voller Hoffnung, dass es klappen wird. Wie verlief die Expedition nach eurer Ankunft in der Märchenbucht, alles wie geplant? Ja eigentlich schon. Wir schlugen unsere Zelte am Strand auf und machten zunächst einige Erkundungen. Ein Teil des Teams erkundete die Route zum Berg und konnte sogar schon Fixseile in das Couloir zur Schulter legen. Das war wichtig, damit wir dann beim Gipfelangriff schnell sein konnten. Am 6. Februar früh um 5 Uhr ging´s dann los vom Lager am Bergfuß in Richtung Gipfel. Das Wetter war erst noch ganz ok, wurde dann aber zunehmend schlechter. Gegen 8 oder 9 Uhr waren wir bereits im Sattel, wir nannten ihn „Col de Ragni“, machten eine kurze Pause, und dann ging es die Gletscherschulter hinauf. Als Hauptschwierigkeiten der Route stellten sich zwei Steilstufen heraus, welche aufgrund des weichen Eises schwer zu klettern und abzusichern waren. Rechts unter uns fühlten wir die bedrohliche, 1000m abfallende Ostwand, obwohl wir sie im Nebel nicht sehen konnten. Der Gipfeleispilz hatte es noch mal in sich, am frühen Nachmittag waren wir dann jedoch glücklich auf dem Gipfel! |
Welche Schwierigkeit würdest Du der Route geben? Die Tour ist eigentlich nicht sehr schwierig, das Schwierigste waren diese Eiswülste. Wie waren denn das Wetter während Eurer Expedition und der Anmarsch durch die dichte Vegetation? Für uns waren dies ja die Hauptschwierigkeiten. Das Wetter war eigentlich nicht das Problem, und die Vegetation? Die war ja nur unten im Tal, das ging schon. Welchen Stellenwert hatte damals Eure Buckland-Expedition, für Dich, für die Ragni? Es war meine erste und einzige Patagonien-Expedition, ich war damals 30 Jahre. In den Alpen hatte ich schon viel gemacht, Neutouren, die Wiederholung der Bonatti-Führe an der Dru usw. Für mich war es schon ein Riesenerlebnis so eine Reise. Für die Ragni war es die zweite große Expedition außerhalb der Alpen (nach dem Sarmiento 1956), das war schon ein großes Ding damals! Wenn Du unsere Bilder siehst, kommen da bei Dir besondere Erinnerungen hoch? Ehrlich gesagt, hab ich den Berg auf Euren Bildern gar nicht richtig wiedererkannt! Ich kenn ihn ja nur von der anderen Seite. Aber es ist natürlich schön zu hören, dass ihr jungen Bergsteiger nach so vielen Jahren wieder dort am Buckland wart. (Das Interview wurde sinngemäß übersetzt. GRAZIE MILLE Cesare!)
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Wo bleiben die Fotos?
«Endlich!» — hieß es noch vor ein paar Jahren, als ein großes Einkaufszentrum auf der Prager Straße in Dresden nach mehreren Tagen die Dias entwickelt hatte. Häufig hat man schon einen Tag früher vorbei geschaut, vielleicht war die Auskunft über die Fertigstellung ja falsch und die Bilder waren schon einen Tag früher da. Sehnsüchtig hat man darauf gewartet und gehofft, endlich einen Blick auf die Urlaubsbilder werfen zu können und eine Welt ist zusammengebrochen, wenn bei der Entwicklung etwas schief gelaufen ist oder die «wichtigen» Bilder vielleicht doch überbelichtet oder unscharf geworden sind. Heute ist es anders, das Motiv und die Qualität kann man fast unmittelbar nach der Aufnahme begutachten und gegebenenfalls noch einmal den Auslöser der Kamera durchdrücken. |
Allerdings fotografiert man im digitalen Zeitalter auch ein wenig mehr. So haben wir jetzt das Problem knapp 650 Gigabyte an die Teammitglieder zu verteilen, um uns dann anschließend durch knapp 6.000 Bilder zu klicken, diese zu begutachten und mit Zusatzinformationen zu versehen. Weitere 6.000 Aufnahmen müssen zu Panoramen oder Zeitrafferaufnahmen zusammengesetzt werden. Neu für uns ist diesmal auch, dass wir neben den Bildern noch knapp 1.300 Videosschnipsel zu sichten, zu katalogisieren und zu bewerten haben. Das sind mehrere abendfüllende Videoabende, leider nicht gemütlich auf dem Sofa, sondern vor dem Rechner. Nichtsdestotrotz haben wir schon mal ein paar Highlights herausgesucht: Die Galerie wird derzeit ständig erweitert, aber ein Blick lohnt sich schon jetzt;) |
Hat uns der Alltag wieder fest im Griff?
Unsere Rückkehr nach Deutschland liegt nun schon fast zwei Wochen zurück. Seitdem konnten wir täglich die Annehmlichkeiten einer heißen Dusche genießen, waren Freunde und Familie besuchen und haben von unseren Abenteuern in der Cordillera Darwin erzählt. Auch die Berge an Ausrüstung verschwinden so langsam an die dafür vorgesehenen Plätze im Schrank oder einer Ecke und mit den neuen und alten Aufgaben im Job oder Alltag verblassen die gerade noch stürmischen Erinnerungen an die Expedition ganz langsam — hatten wir nicht am Buckland vier Wochen super Wetter? Auch wenn die letzten Zeilen einen eher geordneten, wenn nicht gar trägen Eindruck machen, wollen wir nicht den Anschein erwecken, dass mit der abgeschlossenen Expedition der Blog oder die Internetseite zur Ruhe kommen — ganz im Gegenteil. Jetzt heißt es, die Ergebnisse der Expedition zu kommunizieren, tolle Bilder zu zeigen und unsere Erlebnisse und Eindrücke nachhaltig mit euch zu teilen. Sicherlich wird der Blog von uns nicht mit der Frequenz wie am Buckland aktualisiert werden, dafür sind wir mittlerweile wieder stark in andere Projekte eingebunden. Aber wir werden natürlich versuchen, euch in regelmäßigen Abständen über die Nachbearbeitung der Expedition auf dem Laufenden zu halten. |
Bevor also die Erinnerungen an die Strapazen, die verregneten Momente und auch die Augenblicke der Begeisterung und Faszination während der Expedition Monte Buckland 2012 gänzlich ausbleichen, möchten wir uns für die Unterstützung der Reise nach Feuerland, die Anteilnahme während unserer Abenteuer und das rege Interesse an unserer Internetseite bei euch — den Sponsoren, Verwandten und Freunden, als auch Interessierten vielmals bedanken. |
Winter wir kommen
Am nächsten Tag musste wieder die gesamte Ausrüstung in Taschen, Rucksäcken und Fässern verstaut werden. Nicht ganz einfach, obwohl wir gut 50 kg Essen weniger hatten. Da Barbara noch eine Fahrradtour durch Patagonien unternehmen wollte und Micha weiter in die USA flog, mussten wir große Teile von ihrem Gepäck mitnehmen. Irgendwie passte es dann mit Biegen und Brechen doch. Kurz nach Mitternacht wurden wir von drei Taxis Richtung Flughafen gefahren. Dort gab es selbstverständlich wieder Zoff mit unserem vielen Gepäck, da die LAN Mitarbeiter erst nicht verstanden, dass jeder von uns 46 kg in zwei Gepäckstücken mitnehmen durfte. Am Ende klappte es doch :) Das Gepäck wurde diesmal gleich bis Frankfurt durchgecheckt. Allerdings sahen wir im Vorbeigehen auf dem Flughafen in Santiago einen uns bekannten Rucksack. Der Strichcode war bereits in Punta Arenas verloren gegangen. Nochmals Glück gehabt! In Santiago hatten wir ausreichend Aufenthalt, um uns mit Freunden zum Mittag zu treffen und ein wenig den dortigen Sommer zu genießen. Bei 30° im Schatten und einem Kaltgetränk in der Hand vergisst man schnell die Strapazen der letzten Wochen;) |
Am 15.2. landeten wir dann gegen 18:30 Uhr in Frankfurt und so bekamen Knox und ich nach ein paar Sprinteinlagen und Zeitoptimierungsmaßnahmen sogar noch den Zug 19:30 Uhr nach München. Die Dresdner Fraktion fuhr nach Leipzig und wurde dort mitten in der Nacht abgeholt, um am frühen Morgen todmüde ins Bett zu fallen… |
Unter Leuten
Mit weniger Leuten und Gepäck ging es diesmal mit nur zwei Autos auf die Schotterpiste. Zu acht in einen Hundai Mannschaftsbus einsortiert, hieß es anfangs recht häufig: «Bitte kurz aussteigen!», um zu schieben oder eine schwierige Fahrpassage mit dem nicht ausreichend geländegängigen Fahrzeug zu überwinden. Aber selbst die Flussquerung mit Wasser bis knapp über die Knie schafften wir nach dem Motto „Lichter aus und durch“. Nach einer anstrengenden und staubigen Fahrt waren wir nach zwölf Stunden wieder im Hostel. Dort wartete schon die Hostelcrew auf uns und Cristian hatte eine große Tafel auftragen lassen. Es gab Schafsfleisch, Reis und eine vorzügliche Sauce dazu. Nach vier Wochen Tütenfutter, war dies eine wunderbare Überraschung und eine gesunde Abwechslung dazu. Bei gutem Wein und Tourberichten klang der Abend in gemütlicher Runde allmählich aus. In den nächsten beiden Tage kam keine lange Weile auf. Wir nutzten sie, um Souvenirs und Briefmarken für die restlichen Grußpostkarten zu kaufen, ein Interview bei der Lokalzeitung «La Prensa Austral» zu geben, Andrés Rückflug zu organisieren und zu guter Letzt noch ein wenig im Hostel zu entspannen. |
Am Abend gaben wir ein Asado aus — bedeutet, wir baten Christian, Fleisch auszusuchen und es auf dem Grill nach chilenischer Art zuzubereiten. Dazu gab es jede Menge Wein, Bier und Pisco. Christian wusste, dass am Abend die Eröffnung des «Patagonian Expedition Races» stattfindet. Ein gefundenes Fressen für uns, gab es doch reichlich Pisco Sour 4 free und ein reichhaltiges Buffet, welches wir auch noch plünderten… Die Teilnehmer hatten an dem Abend noch gut Lachen, aber ihnen stand die Expedition noch bevor — wir hatten unsere gerade erfolgreich beendet;) |
Eine Seefahrt, die ist lustig …
… vor dem Zelt breiteten sich unsere triefend nassen Klamotten ähnlich einem bunten Flickenteppich aus und trockneten in Windeseile. Mit ein paar kleineren Fotospaziergängen, um die letzten Blicke auf Buckland und Co. einzufangen, ging wieder ein Tag am Strand zur Neige und wir verkrümelten uns im Zelt. Kurz vor dem Einschlafen wurden wir auf ein Motorengeräusche aufmerksam…Unsere Bootscrew konnte endlich übersetzen, und da die Windvorhersage für den nächsten Tag auch gut zu werden versprach, entschlossen sie schon am Abend überzusetzen. Die Tage mit Warterei waren hoffentlich zu Ende, denn Andrés Flug war ja schon weg und unser Termin rückte auch immer näher. Am nächsten Tag passte das Wetter und wir starteten gegen 9 Uhr aus der Bahía Fitton in Richtung Puerto Yartu, welchen wir mit letzter Kraft erreichten. |
Der zunehmende Wellengang hatte unseren Benzinvorrat rascher in den Tiefen des Motors versickern lassen, als er kalkuliert war, so dass wir den letzten Kilometer selber Hand an die zwei vorhandenen Stechpaddel legen mussten. |
Adieu Buckland
Es ist soweit: nachdem wir am Tag zuvor bereits die erste Hälfte des Gepäcks wieder ans Meer geschafft hatten, hieß es jetzt Abschied nehmen von unserem lauschigen Basislager und dem Monte Buckland. Letzterer schien sich dafür nicht zu interessieren, er ließ sich nicht hinter seinen Wolken blicken. Das Wetter wollte uns den Abschied offentsichlich leicht machen: Wie schon die letzten Tage regnete und windete es stark und bis auf eine kleine Pause, die wir nutzten um die Zelte einzupacken, blieb es auch so. Der Gletscherfluss, dessen Querung bis dahin immer gut zu meistern war, hatte sich durch die gestiegenen Temperaturen in einen reißenden Strom verwandelt. Dass die Unterhose nass wurde, war dabei unser kleinstes Problem und mir fiel ein Felsblock vom Herzen, als alle heil am richtigen Ufer angekommen waren. Auch die Steilstufen im Wald hatten durch die Nässe nicht an Anspruch verloren, wo vorher noch Moos war lachte jetzt der blanke Matsch und überall kamen neue kleine oder auch größere Bäche den Hang herunter. |
Es dauerte aber noch eine Weile, bis dieser Wunsch in Erfüllung ging. Zunächst musste das Gruppenzelt aufgestellt und und die noch nicht vollständig nassen Sachen einigermaßen verstaut werden. André machte sich nochmal auf den Weg ins Zwischenlager um die letzte Tonne zu holen, die noch dort geblieben war. Als dann endlich alle im Zelt saßen mit der Tüte Essen in der Hand und dem warmen Tee im Becher, konnte uns der Regen, der immer noch auf’s Zelt prasselte, mal am A…lecken. Die Vorstellung jetzt noch einen Tag am Strand in diesem Regen zu sitzen, erschien uns wenig reizvoll. Als ich aber am Morgen einen Blick aus dem Zelt riskierte, schon erstaunt über das fehlende Prasselgeräusch, wähnte ich mich im falschen Film: blauer Himmel und strahlender Sonnenschein soweit das Auge reichte. Auf dieses Wetter hatten wir seit vier Wochen gewartet! Die Gefühle schwankten zwischen «Warum erst jetzt!» und «Endlich wieder mal Sonne!». Wir haben uns entschlossen, das beste aus der Situation zu machen, endlich mal wieder alles richtig zu trocknen, am Strand zu liegen und uns die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen… |
Auf der Suche nach Luft
Als ich heute morgen mit hektischer Schnappatmung aufwachte, war klar irgendetwas war passiert! Mein erster Blick galt meinem Schlafsack. Er fühlte sich außen wohlgeformt und trocken an, innen mollig warm. Mit einem lauten Zischen entwich die nächtliche Pupsluft beim Öffnen des Reisverschlusses und es blieb ein Häufchen Elend übrig. Kurzzeitig gab es wieder Luft und der Atem beruhigte sich ein wenig. Der zweite Blick ging instinktiv zur Uhr — hatte ich verschlafen? Es war noch dunkel im Zelt, ich konnte nichts erkennen! Kurz den Abend Revue passieren lassen, wo hatte ich die Lampe im Zelt verloren — während des Schlafens hatte ich auf nichts Unbequemen gelegen? Der Mp3-Player musste als Lichtquelle herhalten. 5:27 Uhr — und das im Urlaub! Der obligatorische Blick auf den Luftdruck nahm mir fast den restlichen Atem — 934 mbar stand da in großen Ziffern auf dem Display. Ein erneuter Blick brachte Gewissheit — historischer Urlaubstiefsstand des Luftdruckes — meines Hechelns Ursache war gefunden — es fehlte einfach an Luft. Seit dem Basislageraufbau kannte der Luftdruck nur eine Richtung, stetig steil bergab mit extra großen Schritten. Jedes hart erkämpfte Millibar in Richtung 1000 wurde euphorisch gefeiert, nur um sich kurzzeitig später wieder als Eintagsfliege herauszustellen. |
Wenn man den auf Normalnull gerechneten Druck mit dem niedrigsten gemessenen Luftdruck des letzten Sturmes in Deutschland vergleicht — und der war ziemlich tief -, bewegen wir uns entspannt in diesen Luftdruckbereichen. Zum Glück brauchen wir uns nicht vor abbrechenden Ästen oder herabstürzenden Dachziegeln schützen. Unsere einzige Sorge beschränkt sich auf die Gestängebögen der Zelte. |
Auf dem Monte Niebla
Nach zwei Schlechtwettertagen gab es so etwas wie einen Trockentag mit Sonne, blauem Himmel und nur vereinzelten Schauern. Eifrig wurden Pläné für den nächsten Tag geschmiedet. Der langsam einsetzenden Lethargie (?) musste Einhalt geboten werden. Bisher waren wir in Richtung Süden und Westen zu Touren aufgebrochen. Die im Norden liegende Kette mit Monte Biella und Aosta war bis auf den Versuch von André und mir bisher unberührt. Die vom Monte Elbflorenz östlich liegende Felsspitze wurde als Tagestour ins Auge gefasst. Ziel war die Erstbesteigung, und zwar von Norden, hatten wir doch vom Boot aus gesehen, dass nordseitig große Gletscher ins Tal ziehen — zu abweisend sah die Westseite aus. Zahlreiche Bilder der Erkundungstouren wurden gewälzt, um einen möglichen Durchschlupf durch den talabschließenden Felsriegeln zu finden. Auf den vom Lago Alto aus geschossenen Bildern und dem Satellitenbild konnte im westlichen Teil eine Möglichkeit ausgemacht werden. Die Gruppenzeltschläfer, Knox und ich, wurden zum Weck– und Frühstücksdienst eingeteilt. Pünktlich um vier Uhr entriss ich alle ihren Träumen und es gab den mittlerweile liebgewonnen Haferschleim. Das Wetter schien brauchbar zu werden, kein Regen, möglicherweiser Wind in der Höhe, aber Plusgrade. Der Zustieg zum Gletscher war angenehm einfach, quasi kein Wald oder Sumpf. Beim Erreichen des Gletschers teilten wir uns in zwei Seilschaften. Erstere als Spurer, letztere als «Treppensteiger». Zügig erreichten wir den Abzweig zum Monte Elbflorenz und alsbald konnten wir auch unseren erhofften Durchschlupf erkennen. Er sah machbar aus. In Vorfreude auf den einfachen Durchstieg dezimierte sich die erste Seilschaft plötzlich. Dani, der den beliebten und nervenaufreibenden Job des Tapsers, Hoffers und Spurers inne hatte, war hüfttief in einer Spalte versunken. Bei den in den letzten Tagen gefallenen Neuschneemengen kein Wunder, konnte man doch nur anhand der Geländeformen erahnen, wo sich eine Spalte verstecken könnte. Eine durch den Wind geschaffene filigrane Schneebrücke ermöglichte den Zustieg auf den Felsriegel des Grates. Leichte Kletterei folgte und der Übergang auf die Nordseite war geschafft. Ein riesiges Gletscherbecken mit noch größeren Spalten tat sich auf. Erstmals hatten wir Sicht auf die Bahía Fitton und die umliegenden Kanäle. |
Etwa eine Stunde später zog es stark zu und die Sicht verkürzte sich auf teilweise unter 50m. Am Ende wurde der Schnee Knie– bis Hüfttief. Ich ging mittlerweile vorne und konnte mich glücklich schätzen, dass Wolle auch wärmt, wenn sie nass geschwitzt ist. Nach etwa einer weiteren halben Stunde Stapfen entschied sich ein Teil der Gruppe wegen des schlechten Wetters wieder abzusteigen. Grund hierfür war einerseits das Wetter, das nicht gerade zum Bergsteigen einlud und zum anderen die Ungewissheit über den genauen Standort des Gipfels auf unseren aktuellen Ort bezogen. |
«Ain’t no sunshine…»
Habe ich tatsächlich vor ein paar Tagen geschrieben, das Wetter hier sei besser als erwartet? Ich widerrufe! Umfassend und vollständig! So sehr wir unser Gruppenzelt lieben gelernt haben, wir würden es doch ganz gerne mal wieder für ein paar Tage verlassen. |
Wenn die fast tägliche Wetterberichterstattung den geneigten Leser nerven sollte, so zeigt sie doch wie häufig wir über dieses Thema am Ende der Welt philosophieren und wie stark es uns prägt beziehungsweise hemmt. Aber in den noch zur Verfügung stehenden letzten Tagen haben wir noch viel vor — sei es an Touren oder an Wetterberichten! |
Gipfelsieg!!!
Ungeachtet der eigentlichen Nachtruhe, verkündet der Wecker unmissverständlich den Start in den neuen Tag und damit den geplanten Gipfelversuch — es ist 4 Uhr morgens. Nachdem wir am Vorabend eine geniale Sicht auf den wolkenfreien Gipfelaufbau des Bucklands und die gesamte Cordillera Darwin mit all ihren riesigen Gletscherflächen und Gipfeln genießen konnten, hat es die Nacht durchgeschneit und gestürmt. Wir haben kaum geschlafen und ein Blick aus dem Zelt verheißt noch immer kein besseres Wetter. Wir dösen eine weitere Stunde vor uns hin, bis wir uns entschließen, Nägel mit Köpfen zu machen. Der übermittelte Wetterbericht prognostiziert einen Tag mit wenig Niederschlag und mit geringen Windgeschwindigkeiten — in Realität wechseln sich blauer Himmel, Schneegraupel und dicke Wolkenschleier ab. Micha hat sich aufgrund seiner geringen alpinen Erfahrung entschlossen, auf einen Gipfelversuch zu verzichten und Knox schwankt noch immer, ob das wirklich Gipfelwetter sein soll. 7:40 Uhr steigt Dani in die erste Kletterlänge des Tages ein und wird in der 30 m langen, vereisten Rinne von Sonnenschein begleitet. Unter uns steigen riesige Wolkenschwaden auf und in der Ferne zeigt sich die Bahía Fitton in goldenem Glanz. Der Tag verspricht tatsächlich doch beste Voraussetzungen für den Buckland. Auch Knox ist nun davon überzeugt, sammelt schnell seine sieben Sachen zusammen und steigt nun doch als Dritter in die Verschneidung ein. Der folgende Felsgrat, eine heikle Querung in weichem Neuschnee und die anschließende Eisflanke hatten Dani und ich bei der ersten Runde schon erkundet, sodass wir diesmal bei gutem Wetter zügig zum oberen Felsgendarm aufsteigen können. Nach einer kurzen Rast folgen wir weiter dem NO-Grat, umgehen den imposanten Gletscherbruch und erreichen das Plateau unterhalb der Gipfelwand gegen 12 Uhr. Diese zeigt sich in bester Laune und wartet nur darauf zum ersten Mal durchstiegen zu werden. Bevor wir jedoch unsere Eisgeräte in die finale Firnwand schlagen können, muss der Bergschrund überwunden werden, der die Schlüssellänge der Tour darstellt. Der etwa 20 m hohe Abbruch zieht sich unter der Gipfelwand über die gesamte Breite von einigen 100 m entlang. Unsere auserkorene Rinne führt ziemlich zentral durch die Wand, sodass wir entweder den Bergschrund umgehen und anschließend weit queren oder den Abbruch direkt angreifen müssten. Wir entscheiden uns für die Direktvariante. Als wir uns unter der Eiswand befinden, zeigt sich diese wesentlich steiler als von Ferne. Um nicht unnötig Zeit für die Alternative zu verlieren, wage ich einen Versuch. Schon die ersten Meter der ansteigenden Querung weisen sehr schlechte Eisverhältnisse auf und immer wieder muss ich mich durch tiefen Schnee wühlen. Über mir ragen riesige Eiszapfen in einem Überhang, von oben tropft es mir in den Nacken. Bedächtig quere ich weiter nach links. Die Schlüsselstelle bildet ein überwölbtes Eisband. Wenige Meter trennen mich jetzt noch von der darüberliegenden Firnflanke. Mehrere Eisschrauben zweifelhafter Qualität gaukeln zumindest ein Gefühl von Sicherheit vor. Der erste Versuch auf der oberen Flanke Halt zu finden, scheitert — statt festem Firn wühle ich in weichem Schnee. Die Arme sind zugelaufen und ich flüchte wieder unter den Überhang. Beim zweiten Anlauf findet das rechte Eisgerät im Schnee Halt. Langsam schwindet wieder die Kraft und ich zweifle weiter zu klettern, weiter über die letzte schlechte Sicherung hinaus. Die Frage kommt auf, mit der sich ein Kletterer oft auseinandersetzen muss: Heute Weichei oder Kruppstahl? Ich entscheide mich für die Flucht nach vorn und kurz darauf habe ich einen Stand aus Firnanker und Deadman gebaut und hole Dani und Knox nach. Das die Seillänge im Nachstieg mit den großen Rucksäcken nicht leichter werden würde war klar. Eine halbe Ewigkeit bewegt sich unten gar nichts. Irgendwann sehe ich Knox verzweifelt über die Kante schielen, bevor er plötzlich wieder überhastet verschwindet. Hatte er sich die letzten Meter mit T-bloc am Seil hochgearbeitet, nur um kurz vorm Ausstieg den Halt zu verlieren und 4 m mit Sack und Pack wieder in die Tiefe zu rasseln? Der folgende Versuch ist mit Erfolg gekrönt und auch Dani folgt ohne größere Probleme. |
Das Wetter hat sich schon seit einigen Stunden verschlechtert und der Weiterweg im oberen Teil der Rinne ist nur zu erahnen. Zum Glück konnten wir den Verlauf unserer Route am Abend zuvor eingehend studieren. In der folgenden Seillänge mit gemäßigter Steigung (55°) kommen wir gut voran. Langsam steilt die Flanke auf (bis 70°) und die Absicherung wird schwieriger. Firnanker lassen sich auf Grund des anstehenden Felses nicht weit genug versenken und auch Eis guter Qualität ist nur schwer zu finden. Die Zeit drängt, doch so nah am Ziel will keiner mehr umdrehen. Gegen 18 Uhr befinden wir uns kurz vor dem Ausstieg aus der Rinne, über uns wehen Windfahnen über den Grat. Ab und zu schneit es und langsam sind wir gut platt. Wir werfen nochmals einen Riegel ein, geben einen kurzen Funkspruch ans Basislager und steigen die letzte Seillänge der Rinne aus. Die Sicht in der Scharte ist bescheiden, die Klamotten sind durchnässt und die Seile sind längst stocksteif gefroren. Zumindest der Wind ist uns milde gesonnen. Wir folgen dem Grat in südöstlicher Richtung und erreichen den Gipfel des Monte Buckland (1746 m) am 29.01. gegen 19:15 Uhr. Ziemlich ausgepowert können wir das Gipfelerlebnis nur schwer genießen, kreisen unsere Gedanken doch schon um den langen und nicht unproblematischen Abstieg. Die Scharte erreichen wir zügig, schwieriger gestaltet sich der Abstieg in die Rinne. Ungesichert kommt ein Rückzug nicht in Frage und das Zurücklassen von Material widerstrebt uns gleichermaßen. Also suchen wir lange nach festem Eis, um an einer Eissanduhr (Abalakov) abzuseilen. Die Sicht reicht keine 30 m und dennoch erreichen wir nach zwei weitere Abseilen den Bergschrund. Unsere Spuren sind inzwischen zugeschneit und verblasen, sodass wir beim Rückweg über das obere Gletscherplateau froh sind, unseren Weg per GPS dokumentiert zu haben. Langsam hüllt uns die Dämmerung in Dunkelheit, die Temperaturen ziehen an und der Abstieg über den Grat erfordert nochmals volle Konzentration. Gegen 1:40 Uhr des Folgetages erreichen wir ausgebrannt und durchgefroren nach 19 Stunden die Zelte — froh wie Schneekönige der Königin Feuerland’s auf die Krone gestiegen zu sein. |
«Die Sonne lacht, …
Langweilig
Seit Stunden schifft es hier ununterbrochen und wir haben den Vormittag damit verbracht ein ausgeklügeltes Wassergraben-System anzulegen, damit die Zelte nicht komplett absaufen. Im Gruppenzelt, dem einzig halbwegs trockenen Zufluchtsort, der inzwischen von einer Art Seenlandschaft umgeben ist, lungert das demotiviete Team. Die Latrine ist ausgelaufen und ihre Inhalte bahnen sich grad ihren Weg unter Dani’s Zelt hindurch zum See. Wir sind optimistisch… |
Das liebe Wetter…
Erkundungstouren
Geochse im Dschungel
Die Überfahrt
Auch diese Nacht war wieder verdammt kurz, denn schon 4.30 Uhr waren wir am Zusammenpacken unserer Zelte. Fuer 5 Uhr war die Abfahrt geplant, doch aus dem Zelt der Chilenen hörte man nur lautes Schnarchen. Auf gepackten Koffern saßen wir nun da und harrten der Dinge, die da kommen sollten — vielleicht hatte es mal wieder eine Planänderung gegeben. Irgendwann gegen 6.30 Uhr kam einer der Bootsmänner und fragte, was denn los wäre. Cristian und der Rest der Crew hatten verpennt! Schnell ging es zu den Booten, die schon am Vorabend vorbereitet worden sind. Nach dem Verladen des Gepäcks hätte es eigentlich los gehen können. Durch die Verspätung machte uns der geringe Wasserstand der einsetzenden Ebbe zu schaffen und die Zodiaks mussten zunächst durch den seichten Seitenkanal in tiefere Gewässer gezogen und geschoben werden. Nach 20 Minuten Plackerei strudelten die Außenbordmotoren und wir hielten Kurs auf die Bahía Fitton. Trotz der relativ ruhigen See für die erfahrenen Käptains, gab es für uns Landratten trotzdem ab und zu eine salzige Dusche. Während der 3stuendigen Überfahrt wurde das Wetter besser, die Sonne blitzte durch die Wolken und immer mal wieder waren Details der Berge vor uns zu erkennen. Mehr und mehr hoffte natürlich jeder von uns einen Blick vom Buckland erhaschen zu können und für wenige Minuten gab die Königin (in Silberkondor über Feuerland beschreibt Plüschow den Sarmiento als König und den Buckland als Königin) ihr Antlitz frei. Eine steile Eisflanke zeichnete sich fast 2000 m über den Booten ab, immer wieder hinter Wolkenfetzen verschwindend, um das ein oder andere Mal hervorzublitzen. So schön der Anblick auch war, so viel Respekt flößte er uns ein. Die Landung auf der Halbinsel ging recht unspektakulär von Statten. Wir luden unsere Unmengen an Gepäck aus und schleppten es zu einem Holzverschlag in die Nähe vom Strand, der wahrscheinlich von Fischern errichtet worden war. Andreas war mit André beschäftigt, einen geeigneten Platz für einen Messpunkt ausfindig zu machen. Mit Hilfe eines dGPS-Punktes möchte Andreas sein Messnetz für die Erforschung der Plattenbewegung in dieser Gegend erweitern und hatte uns bis hierher aus diesem Grunde begleitet. Etwa 2 Stunden nach Ankunft war der Messpunkt installiert und die Boote fuhren mit Andreas wieder zurück. |
«Wir sind allein!» Nach kurzer Erkundung schleppten und zerrten wir das Gepäck durch den 80 m breiten Küstenregenwald auf eine dahinter liegende Wiese. Man sollte nicht eine saftig grüné Wiese erwarten, über die jeder im Frühling im herrlichen Sonnenschein schon einmal gewandert ist. Viel mehr bestehen die hiesigen Wiesen aus braungrünen Grasbüscheln und Moosen, die beim darüberlaufen nachgegeben, so dass der Schuh bis zum Knöchel im Matsch versinkt. Soweit der angenehme Teil des Weges. Die darauf folgenden 1,5 km und immerhin 60 Höhenmeter sind wir in etwa 5 h im Unterholz herumgestolpert, ständig auf der Suche nach dem optimalen Weg für den Gepäcktransport. Kurz vor der ersten Flussquerung war Dani fast seinen ca 75-stündigen Reisestrapazen erlegen und zeigte uns nochmals das zuvor Gegessene. Auf halber Strecke zum geplanten Basislager mussten wir dann zwangsläufig campieren. Die Motivation war zu diesem Zeitpunkt auf einen Tiefpunkt gesunken. Der Weg hatte zu sehr an unseren Nerven gezerrt. Der Ausblick auf den Weiterweg verhiess ebenfalls nichts Gutes. Das sich vor uns verengende U-Tal offenbarte einige Steilstufen und der Weg durch den Regenwald blieb ungewiss. |
Schwein gehabt
Bemerkung: Nachdem ich die letzte Nacht regen Emailkontakt mit dem Team hatte folgen nun die Erlebnisse der letzten Tage (Thomas) Auch wenn es zwischenzeitlich sehr schlecht ausgesehen hatte, so erreichten Dani und André samt ihrem Gepäck gegen 2 Uhr morgens am 16.01. Punta Arenas. Für eine kleine Mütze Schlaf im Hostel war auch noch Zeit, bevor es gegen 5 Uhr wieder los ging. Das restliche Gepäck wurde auf die vier Autos verteilt, die beiden Boots-Steuermänner abgeholt und endlich setzte sich der übervolle Konvoi Richtung Feuerland in Bewegung. Vorbei an San Georgio fuhren wir zur Fähre und überquerten die Magellanstraße. Bald wechselte der Asphalt zu einer Schotterpiste. Einen Katzensprung von ihnen entfernt wurde ich etwas bleich, als mir schlagartig einfiel, dass ich das Filmstativ samt Schwenkkopf auf der Fähre stehen gelassen hatte. «Wie lang sind wir schon unterwegs? Ist es noch dort? Haben wir überhaupt die Zeit es noch zu holen» schoss es mir durch den Kopf. Der Konvoi kam zum Stehen und es vergingen wertvolle Minuten in den abgewägt wurde, was wir tun können. Per Sat-Phone versuchen wir die Fährstation zu erreichen, doch Sonntags sind die Büros nicht besetzt. Mit einem unguten Gefühl entschieden wir uns dafür, dass Andreas gemeinsam mit André zurückfahren sollte, der Rest der Truppe Richtung Puerto Arturo weiter fährt und Cristian Donoso den beiden auf halben Weg entgegenkommt, da ihr Auto das letzte Wegstück ohne Allrad nicht befahren kann. Die Pinguine wurden also links liegen gelassen und Andreas raste zurück zur Fähre. Die Piste Richtung Südwesten verlor zusehens an Qualität, trotz Allrad kamen wir teilweise nur im Schritttempo voran. Die Landschaft hatte von weiter Steppe zu rauher Küstenlandschaft und Regenwald gewechselt. Gerade hatten wir eine delikate Flussquerung mit den Autos überstanden, als Dani ganz aufgedreht irgendetwas suchte. Er konnte die kleine Knipse, die wir geliehen hatten, nicht mehr finden. Nachdem er das Auto komplett durchwühlt hatte und auf unserer Route einige hundert Meter zurückgelaufen war, mussten wir die Suche abbrechen. |
Die Zeit drängte und so entschieden wir, dass Dani auf dem Rückweg Cristian begleiten sollte, um nochmals nach der Kamera zu suchen. Es schien, als würde der Tag einige Verluste mit sich bringen. Die chilenischen Fahrer meinten schon, dass uns solch eine Schusseligkeit am Berg Kopf und Kragen kosten könnte. Wir konnten noch nicht einmal verneinen. Gegen 18 Uhr erreichten wir im herrlichsten Sonnenschein eine Art Ökocamp, in dem die beiden Boote lagerten. Vom Puerto Arturo trennten uns noch etwa 12 km und eine sehr riskante Flussquerung. Aufgrund der fehlenden Zeit entschieden wir uns gegen den Weiterweg und wollten am Folgetag von hier aus starten. Schnell wurden die Jeeps abgeladen und Cristian fuhr gemeinsam mit Dani den Nachzüglern entgegen. Der Rest der Gruppe baute die Zelte auf, hoffte auf einen erfolgreichen Ausgang der Stativ– und Kamerasuche und schlenderte den Rest der Zeit am sagenhaft schönen Strand entlang. Hier gab es riesige Muschelschalen, handgroße Krabbengehäuse und die tiefstehende Sonne verlieh der Szenerie ein magisches Flair. Weit in der Ferne verbarg sich der Monte Buckland in einem dichten Wolkenmeer und ab und zu blinzelte der Monta Aosta aus dem Nebelschleier hervor. Schneller als erwartet kamen Cristian und Dani gemeinsam mit Andreas und André zurück. Andreas hatte sein Auto gestrietzt und trotz fehlendem Allrad etwas weiter als verabredet die abenteuerliche Piste entlang manövriert. Bei der Ankunft an der Fähre hatte diese gerade abgelegt und Andreas und André mussten auf ihrer Rückkehr warten. Auf der Fähre wurden sie schon von der Mannschaft erwartet. Als sie erfuhren, wie weit Andreas wegen des Stativs gefahren war, haben sie lauthals angefangen zu lachen. Was tut man nicht alles… Dani hatte währendessen vergeblich nach der Kamera gesucht und wurde von Cristian auf dem Rückweg zum Ökocamp wieder eingesammelt. So schnell wollte er sich jedoch nicht geschlagen geben und sprang nochmals vom Jeep an einer Stelle, an der er schon mehrmals gesucht hatte. Kaum war er vom Auto runter, fand er die Kamera. Zu guter Letzt waren also Alle und Alles heil am Camp angekommen. Schwein gehabt… Nahtlos wurde in das Abendprogramm übergeleitet, der Mate-Tee rumgereicht und etwas Melone verspeist, bevor am Lagerfeuer zu argentinischem Rotwein und einem kross gebrutzelten Hammel übergegangen wurde — wohl das letzte Fleisch ohne Geschmacksverstärker für die nächsten Wochen. |
Über Sinn und Unsinn
Mit der heutigen Nachricht von André und Dani, dass sie ihren Flug in Santiago verpasst haben, da es Probleme mit dem Gepäck gab, verzögert sich möglicherweise unser Zeitplan. Noch gibt es Hoffnung, dass wir in wenigen Stunden gegen 6 Uhr Richtung Feuerland aufbrechen können, aber Sicherheit werden wir erst mit der Ankunft der beiden Nachzügler haben. Vielleicht ein guter Zeitpunkt nochmals über das Vorhaben «Monte Buckland» nachzudenken. In unserem Fall geht es um die Sinnhaftigkeit des Kletterns in abgelegenen, vielleicht sogar unerforschten Gebieten und dem damit verbundenen Aufwand. Der erwähnte, gut 50 kg schwere Lebensmittelvorrat für das Basislager und die gut 50 kg Müsliriegel und Fertiggerichte für die Hochlager lassen sich bei einem Ziel wie dem Buckland anhand des Energiebedarfes bestimmen und rechtfertigen — schließlich wollen wir zwar nicht gut genährt aber dennoch aus eigenen Kräften in die Zivilisation zurückkehren. Auch der Aufwand den wir für die Permits und die Absicherung hinsichtlich einer möglichen Rettung unternommen haben steht bei einer derartigen Expedition außer Frage. Nur mit FRED habe ich so meine Probleme! FRED haben wir als neues Mitglied gestern eher missmutig ins Team aufgenommen. Noch ist er etwas kühl und zurückhaltend — er spricht nicht viel. Dies wird sich leider sehr schnell ändern, sobald er erst einmal auf Touren gekommen ist. FRED ist unser Benzin-Generator. Noch vor wenigen Wochen wäre wohl niemand von uns auch nur im Leisesten auf die Idee gekommen ein derartiges, 12 kg schweres Monstrum am Ende der Welt durch die Wildnis schleppen zu wollen. Habe ich nicht erst vor wenigen Tagen im Buch eines guten Freundes von dem Gefühl der Freiheit und Ursprünglichkeit gelesen, das ihn fern ab der Zivilisation, fern ab von jeglichen Hightech-Spielereien beim Bergsteigen umgibt. Und dann gewähren wir FRED einen Platz in unserem Team… |
Die Assoziation zu Maestri’s Kompressor, der noch heute in der Wand eines der genialsten Felstürme Patagoniens verweilt, ist zudem nicht von der Hand zu weisen. Im Gegensatz zu ihm, planen wir unsere Besteigungen jedoch im Alpinstil und werden so wenig wie möglich Spuren am Berg zurücklassen. Aber wie steht es nun um FRED, für dessen Name übrigens auch eine Langform existiert: Fucking Ridiculous Expedition Device. Wir brauchen ihn als eine Art Versicherung. Anhaltend schlechtes Wetter bedeutet den Ausfall der Solarenergie und ohne Strom sind wir aufgeschmissen. Kaum vorstellbar, aber unsere Entscheidung, die Expedition zu dokumentieren und filmisch zu begleiten zieht immer größere Kreise. Die mögliche Alternative zum Generator wären Autobatterien, doch die Energiedichte selbst der besten Akkus ist immernoch um ein Vielfaches schlechter als die von Benzin, zumal ein Wiederaufladen ohne Sonne ebenfalls nicht möglich ist. Betrachten wir FRED also in den kommenden Tagen als Gast im Team, der seine Bewährungsprobe noch vor sich hat. |
Wir waren Shoppen
Nachdem wir vor einigen Tagen ohne Einkaufsliste im Supermarkt in der Zona Franca vor den riesigen Regalen standen, mussten wir nach wenigen Minuten des Diskutierens und Beratschlagens das Unternehmen «Einkauf» für’s Erste abbrechen. Wer kommt auch auf die Idee, die gesamten Lebensmittel für knapp 4 Wochen für ein 7-köpfiges Team mal schnell an einem Nachmittag zu organisieren? Nicht, dass wir uns mit dem Thema nicht beschäftigt hätten, ganz im Gegenteil. Über mehrere Wochen wurde die Planung der notwendigen Kilokalorien vorangetrieben, nur um im entscheidenden Moment die Liste zu vergessen;) Nach den beschriebenen Anlaufschwierigkeiten konnten wir nun gestern im zweiten Versuch das Thema der Lebensmittelbeschaffung erfolgreich abschließen. |
Berauscht von den Unmengen an unterschiedlichen Sorten von Keksen und Schokis füllten sich die Körbe in kürzester Zeit. Besonders die hier bekannten Tütchen Getränkepulver (Zuko), die dem kühlen Gebirgswasser eine angenehm fruchtige Note geben sollen und die es in aberwitzig vielen Geschmacksrichtungen gibt, wurden in rauhen Mengen in die Wagen befördert. Dazu ist zu erwähnen, dass die Kassiererin beim Scannen der 150 Tüten fast dem Wahnsinn verfallen wäre — selbst das anfängliche Lächeln schwand langsam von ihren Lippen. Zu guter Letzt wurde der riesige Sack Lebensmittel ins Auto gehieft und ins Hostel verfrachtet. Hier liegen nun die Haferflocken, Nudeln und Kekse, im Raum verteilt, und warten auf ihre Bestimmung — verpackt, transportiert, herumgeschleppt und aufgefuttert zu werden! |
Isla Riesco
In den letzten zwei Tagen mussten wir uns erst einmal von dem ganzen Vorbereitungsstress erholen und beschlossen, ein Auto zu mieten und unseren Freunden, den Pinguinen einen Besuch abzustatten. Außerdem planten wir eine kleine Wanderung auf der Isla Riesco, nordwestlich von Punta Arenas. Am Mittwoch früh war Rokos der erste auf den Beinen und holte den Mietwagen ab. Durch einen günstigen Umstand bekamen wir nicht den bestellten Wagen der Kategorie «Mini» als 2-Türer, sondern eine etwas größere Schüssel mit 4 Türen. Trotzdem hatten wir zu tun, die Rucksäcke und das Kamerazeug hinein zu bekommen. Zuerst fuhren wir gen Norden und verpassten beim ersten Anlauf den Abzweig zu den «Pingüinos». Nach 38 km Schotterpiste erreichten wir unsere gefiederten Freunde, die sich hier ohne Schnee und Eis durchaus zufrieden gaben. Die meisten waren die ganze Zeit beschäftigt und warteten nicht wie im heimischen Zoo den ganzen Tag auf den Bus. Danach ging es die Schotterpiste zurück und weiter Richtung Norden zur Fähre auf die Isla Riesco. Die auch hier gefühlt 100 km lange Schotterstraße führte durch eine regelrechte Einöde, die aber immerhin das ein oder andere Tier (Flamingos, Laufvögel) zu bieten hatte. Auf der Isla Riesco angekommen, fuhren wir die Straße an der Nordküste so weit es unser Leihwagen aushielt. Danach ging es mit Rucksäcken weiter. Auf dem Weg zu der letzten Estancia (Ranch) hörten wir merkwürdige Laute über den Hügel zu uns schallen. Je nach Teammitglied handelte es sich dabei um unterschedliche Geräuschverursacher. Kettensägenlärm war wohl das Exotischste. Statt dessen handelte es sich aber um eine Herde eingepferchte Rinder, die von ihren Kälbchen getrennt und kurz zuvor mit Brandzeichen versehen wurden waren. Nachdem wir die Estancia passiert hatten, lernten wir unsere vierbeinigen Freunde das zweite Mal in diesem Urlaub schätzen. Diesmal nicht auf dem Teller als saftiges Steak sondern als Wegbereiter durch kniehohes Dornengestrüpp. Ziel des kleinen Unternehmens war eine Halbinsel mit einer traumhaft schönen Bucht und einem mindestens ***Zeltplatz. Nachdem am Abend noch eine Testmahlzeit eingenommen und die letzten Fotoexperimente gemacht wurden ging es bei recht starkem Wind in dem Schlafsack, um am nächsten Morgen fit für eine Wanderung zu sein. Die Wanderung ging etwa 1 1⁄2 Stunden über Wiesen, Hügel, durch Gestrüpp und am Strand entlang zu einer verfallenen kleinen Holzhütte. Hier konnten wir eine Blick auf unsere kleine Halbinsel werfen und die Natur genießen. Rokos, der nicht mitgekommen war und die ganze Zeit fotografiert hatte, lag, als wir zurück kamen im Schlafsack vorm Zelt, trank genüsslich Wein und las. Die vorgegebene Fotoaktivität wird soeben überprüft! Nachdem wir wieder alles eingepackt hatten ging es zurück zum Auto. Rokos fuhr, da sich kein anderer bereit erklärte und lenkte die Kiste sicher über die teilweise etwas unebene, fast zur Dakar Rallye gehörende Piste zur Fähre. Zurück in Punta Arenas luden wir die Sachen aus und fuhren zum Großeinkauf in die Zona Franca. |
Akklimatisierung
Ein paar Tage haben wir nun schon in unserem recht gemütlichen Hostel verbracht, das gleichzeitig ein Kulturzentrum ist, in dem es Märchenaufführungen, Yogakurse und eine kleine Kletterwand gibt. Aber vor allem die Sonnenterrasse hat es uns angetan. Genauer gesagt ist es eine Art Wintergarten mit Ausblick auf die Magellanstraße, in dem es, sobald die Sonne scheint, wunderbar warm bis hin zu unerträglich heiß wird, der sich aber bei Regen in eine Tropfsteinhöhle verwandelt — Dichtigkeit scheint hier keine notwendige Eigenschaft von Dächern zu sein. Mittlerweile kennen wir aber die betreffenden undichten Stellen und zumindest die Hängematte bleibt in jedem Fall trocken. Besonders lange dauert so ein Schauer auch nicht an, Wechselhaftigkeit ist ein hervorstechendes Merkmal des hiesigen Wetters, was das Klima auf der Sonnenterrasse insgesamt sehr erträglich macht. Alles in allem fühlen wir uns hier sehr wohl und können unsere Unterkunft auf jeden Fall weiterempfehlen. |
Wir haben aber die letzten Tage nicht nur gefaulenzt, obwohl diese Beschäftigung zugegebenermaßen schon einen großen Teil der Zeit eingenommen hat — nennen wir es einfach Akklimatisierung. Nein, Spaß beiseite, es gab auch schon einiges zu organisieren. Zum Beispiel benötigen wir, um an den Monte Buckland fahren zu können, die Erlaubnis von verschiedenen chilenischen Behörden — zum einen von der Grenzbehörde (DIFROL), weil es sich um Grenzgebiet zu Argentinien handelt, und zum anderen von der Naturschutzbehörde (CONAF), weil unser Berg im Nationalpark de Agostini liegt. Obwohl Knox schon vor etwa drei Monaten die ganze Sache angeschoben hatte, bedurfte es unserer persönlichen Anwesenheit um den Vorgang endlich in die entscheidende Phase zu bringen. Außerdem galt es einen Stapel Grußpostkarten mit unserem Signum zu versehen. Wir bildeten dazu eine Art Zirkel und ließen die Karten untereinander mit der größtmöglichen Geschwindigkeit kreiseln. Es wollte sich natrülich keiner die Blöße geben einen Stau zu verursachen, wobei ich mit meinem Namen definitiv benachteiligt war. Jetzt gilt es nur noch in Punta Arenas genügend Briefmarken aufzutreiben, denn das hiesige Postamt haben wir schon um alle Briefmarken-Vorräte erleichtert. Wer uns noch unterstützen und dafür eine Postkarte vom anderen Ende der Welt (also von euch aus gesehen) bekommen möchte, der hat übrigens noch bis 10.02. die Gelegenheit dazu (siehe dazu: Link). |
Von Reisepässen und Vulkanen
Vor mittlerweile 3 Tagen, am 5.1. wurden Robert, Franz und ich inklusive 185 kg Gepäck vom privaten Shuttleservice aus der Zwickauer Straße zum Dresdner Hauptbahnhof gebracht. Auf Gleis 2 fuhr der IC zum Frankfurter Flughafen. Im Zug nochmal die rhetorische Frage von mir: Alle die Reisepässe dabei? Franz schlief augenblicklich das Gesicht ein — wirklich glauben konnte es niemand, aber er hatte tatsächlich seinen Reisepass beim letzten Besuch in München liegen gelassen. Nach einer kurzen Zeit der Schockstarre begann die fieberhafte Suche nach Auswegen aus der vertrackten Situation. Es stellte sich schließlich heraus, dass Behörden tatsächlich auch schnell und flelxibel reagieren können, wenn Not am Mann ist. Die Frankfurter Meldestelle erklärte sich bereit einen vorläufigen Reisepass auszustellen. Mehrere Telefonate und ein kurzes Fotoshooting im Naumburger Bahnhof während eines Aufenthaltes, erfüllten alle notwendigen Voraussetzungen. Und so raste Franz, in Frankfurt angekommen, im Taxi zur Meldestelle, anschließend weiter zum Flughafen und erreichte diesen zum Glück rechtzeitig — dem Grenzübertritt stand nun nichts mehr im Wege. |
Ab Frankfurt ging es dann mit Knox weiter und nach einer aufwendigen Umpackaktion überschritt auch keines der Gepäckstücke mehr die vorgegebenen 23 kg. In Santiago de Chile am Tag darauf angekommen, trafen wir auf Micha und verbrandten uns dann auf der Sonnenterasse erst einmal kräftig den Pelz. Anschließend ereilte uns dann die nächste Schrecksekunde: der Flug nach Punta Arenas wurde auf unbegrenzte Zeit verschoben. Auf halber Strecke wollte einer der zahlreichen chilenischen Vulkane gerade etwas Lava loswerden — wir befürchteten schon ein mehrtätiges Flugverbot und überlegten uns alternative Bergziele in Chile. Aber auch diesmal ging es glimpflich aus, schon nach einer Stunde ging es weiter, der Vulkan hatte wohl doch nicht so viel zu sagen. Ankunft in Punta Arenas nach ca. 40 Stunden Reise: 20 Uhr Ortszeit — endlich geschafft. Zwei große Taxis brachten uns und ca. 270 kg Ausrüstung zu unserem Hostel. Dieses kann man wohl am besten mit dem Adjektiv «bunt» beschreiben. Nach der Verpflegung der letzten Stunden bestehend aus Flugzeugkost und leckerem Stollen von Franz› Mutter, freuten sich die Jungs nun endlich auf ein ordentliches Steak, während ich mich abmühte das einzige vegetarische Gericht auf der Karte zu finden: Spaghetti mit Champignons. Vielleicht überdenke ich meine Grundsätze doch nochmal… |
Extrem-Eisgerät-Modifikation
Auf einer richtigen Expedition müssen natürlich auch gewiefte Modifikationen an der Ausrüstung vorgenommen werden. Bei uns mussten die Eisgeräte dran glauben und wurden dank zusätzlicher Schaufelblätter (oder auch „Wings“) kurzer Hand in wahre Multifunktionsgeräte verwandelt. Was lässt sich damit nicht alles anstellen: Löcher buddeln, sich draufsetzen, Kot vergraben, Pinguine mit Sonnenstrahlen blenden, Schlitten fahren… Unsere Kletterelite erhofft sich außerdem, damit überhängende Wächten am Gipfel zu durchbohren – sollen sie mal, solange ich davon nichts auf den Kopf bekomme. Darüber hinaus kann man sich damit während des Kletterns noch wunderbar den Kopf stoßen. OK, wer’s bis hierhin geschafft hat will’s dann wohl doch genau wissen. Also hier die technischen Details für potentielle Wächtendurchbohrer (Mütter und Kinder können hier aufhören zu lesen): Blech drauf, festschrauben, fertsch – ganz nach dem Motto: „Einfacher ist besser“. Fläche des Schaufelblattes ist ca. 150 x 100 mm bei 125 g zusätzlichem Gewicht. |
Nun mögen leidenschaftliche Karohemdenträger berechtigt einwänden, bei solchen sicherheitsrelevanten Geräten sollte auch die Sicherheit gegen Knicken oder Verrutschen gewährleistet werden. Das geschieht bei dieser wunderbaren Konstruktion quasi automatisch. Wie in der Skizze zu sehen zieht die Senkschraube beim Festziehen das 2 mm Alublech in die übergroßen Durchgangslöcher der Haue, die zu diesem Zweck mit zusätzlichen Fasen versehen wurden. Dadurch entsteht ein so genannter Formschluss, der das Verrutschen zumindest bei Benutzung durch einen Durchschnittskletterer verhindert. Außerdem wird das Blech durch die Schraubverbindung an die leichte Wölbung der Haue angeformt, wodurch die Stabilität erhöht wird. Dieses Prinzip sollte auch bei Hauen mit Langlöchern oder größeren Aussparungen funktionieren. Gegebenenfalls muss noch ein zusätzliches Blech als Gegenstück verwendet werden. Ihr kriegt dass schon hin – im schlimmsten Fall ist halt unter der Wächte Schluss. |
Energie!
Teambuilding
Am Wochenende war es soweit. Ein Teil unserer Ausrüstung sollte getestet und die letzten Einzelheiten besprochen werden. Außerdem wollten wir auch in der Gruppe gemeinsam mal etwas unternehmen, sowas nennt sich heute wohl Teambuilding… Leider hatten wir schon vorher die ersten Verluste zu beklagen, Robert und Franz lagen beide darnieder und konnten uns nur ihre besten Wünsche mitschicken. So machten wir uns am Samstag, den 17.12. auf in’s winterliche Gebirge. Um unsere Bereitschaft auf jeglichen Luxus zu verzichten auch wahrhaft zu testen, stellten wir unser Zelt nicht etwa mitten im Wald auf, sondern auf der Wiese hinter dem Häuschen von Michas Eltern (denen wir an dieser Stelle ganz herzlich danken!). Auf Luxus zu verzichten, wenn man keine Wahl hat, kann ja jeder. Die Sauna war buchstäblich in greifbarer Nähe, aber wir widerstanden der Versuchung heldenhaft und harrten tapfer in unserer zünftigen Unterkunft aus — die wir allerdings erst mal aufstellen mussten. Reichlich Schnee und Sturm sowie die fehlende Aufbauanleitung für das Zelt waren suboptimale Voraussetzungen für einen Geschwindigkeitsrekord. Da geht noch was! |
Nach einer kräftezehrenden Besteigung der vereisten Großen Lugsteinnordwand machten wir uns es in unserem Domizil gemütlich und wandten uns der Essenszubereitung zu. Eine liebevoll gebastelte Unterlage für unsere neuen XGKs zur Schonung des Zeltbodens kam nur etwa 10 Minuten zum Einsatz, dann wurden sie wegen anhaltender Ruhestörung aus dem Zelt verwiesen und Barbara, die sich zum Kochen bereit erklärt hatte, gleich mit… Am Abend, es war schon stockfinster und bitterkalt und wir hatten uns langsam in unseren Schlafsäcken eingemummelt, bekamen wir auf einmal Besuch von einem Überraschungsgast. «Von drauß› vom Walde» kam der Weihnachtsmann und brachte uns vier Paar handgestrickte Wollsocken und dazu passende Müffchen — einer musste also weiter frieren. Wer auch immer da in Zinnwald ein Herz für frierende Bergsteiger hatte, wir bedanken uns ganz herzlich, die Socken haben wunderbar warmgehalten. Am nächsten Morgen war es jedoch mit der Heldenhaftigkeit nicht mehr sehr weit her. Als wir die Masse der gefrorenen Wassertröpfchen an der Zeltwand sahen, die nur darauf warteten bei der geringsten Erwärmung auf uns herabzurieseln, beschlossen wir, den Test hiermit zu beenden und das Frühstück in die 50 Meter entfernte Küche zu verlegen. |
Presseberichte
Kartenmaterial
Um bei der Planung der Expedition geeignete Strategien und Aufstiegsmöglichkeiten auszuloten, ist gutes Kartenmaterial bzw. Erfahrungsberichte von vorherigen Expeditionen eigentlich unersetzlich — beides gibts jedoch von der Buckland-Region nicht. Die italienische Expedition war immerhin vor fast 50 Jahren vor Ort, und außerdem auf der anderen Bergseite unterwegs. André, einer unserer Kartographen im Team, ist es glücklicherweise gelungen, eine halbwegs aktuelle und vor allem wolkenfreie Satellitenbildaufnahme zubekommen, welche unsere Zielregion abdeckt. Ihre Bodenauflösung ist so gut, dass sie bereits schon im Vorfeld hilft, z.B. Eis– und Felspassagen einzuschätzen oder Möglichkeiten für Lagerplätze zu orten. Kombiniert mit aktuellen Höhendaten wird die erstellte Satellitenbildkarte uns natürlich später auch bei der Navigation im Gelände unterstützen. |
Vorbereitung
Letzten Freitag traf sich ein Großteil des Teams erneut in der Zwickauer Straße, um die bevorstehende Exped weiter vorzubereiten und vor allem die Ausrüstungsliste zu besprechen. An einigen Fragen zum Strom– und Technikkonzept bissen wir uns beinahe die Zähne aus. Nehmen wir Akkus oder Batterien mit? Reicht die Leistung der Solaranlage auch wenn es sieben Tage durchweg regnet? Genügt die Datenrate des Sat-Phones, um auch Bilder von Feuerland nach Deutschland zu senden? Alles Fragen, die wir uns in unserer vernetzten und hoch kommunikativen Umgebung normaler Weise nicht stellen müssen. Am Ende der Welt sind diese allerdings essentiell, denn mit einem leeren Akku im Sat-Phone kann es im Notfall recht ungemütlich werden – vor allem wenn man bedenkt, dass wir fast vier Wochen völlig abgeschottet von jeglicher Zivilisation unterwegs sein werden. Aber die Abgeschiedenheit hat natürlich auch ihre reizvollen Seiten – nicht ohne Grund haben wir uns ein solches Ziel ausgesucht! Das Thema Verpflegung fiel uns bei der Planung nicht leicht. Essen für vier Wochen im Rucksack mitschleppen möchte niemand gerne, aber ausgehungert wie Straßenhunde wollen wir natürlich auch nicht zurückkehren. |
Oft stellt sich die Frage, wie viel Energie man denn beim Bergsteigen braucht und an wie vielen Tage wir bei den Wetterkapriolen in Patagonien überhaupt aus dem Zelt kommen? Ernährungsbücher beziffern den durchschnittlichen Energieverbrauch beim Trekking auf ungefähr 3.000 — 5.000 kcal pro Tag. Wenn wir diesen Verbrauch jeden Tag decken wollten, müssten wir wohl einen kleinen Tante-Emma Laden unterhalten;) Derzeit planen wir zumindest im Basislager eine Vollverpflegung und werden am Berg auf Trockennahrung zurückgreifen. Passend zum Thema klingelte es mitten in der Diskussion auf einmal an der Tür: Der Pizza-Bote brachte fünf Jumbo’s!!! Nach der Stärkung widmeten wir uns dem Layout der Grußpostkarte. Gefühlte 1.000 Stunden habe ich inzwischen in die Gestaltung gesteckt, schließlich wollen wir euch ja eine tolle Karte vom Ende der Welt schicken! Die Tourenplanung nahm den restlichen Abend ein. Wir haben die bekannten Bilder und das Kartenmaterial mit den neusten Satelliten-Daten verglichen. Jedes neue Bild oder Kartenstück ermöglicht es uns, unsere innere Karte zu vervollständigen und zumindest einen wagen Plan für den Gipfelsturm zu entwerfen. Abschließend blieb sogar noch etwas Zeit, um gemütlich bei einem Gläschen Wein zusammenzusitzen. |
Krauthacken
Going Public
Langsam wird es ernst. Die Flüge sind gebucht, die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und es ist an der Zeit euch an unseren Plänen teilhaben zu lassen: Seit heute ist unsere Internetseite öffentlich zugänglich. |
Herzlich Willkommen und viel Spaß beim Stöbern und Entdecken. Wir werden euch hier auf dem Blog über unsere Vorbereitungen aber vor allem ab dem 5. Januar 2012 über unsere Erlebnisse an den Bergen am anderen Ende der Welt auf dem Laufenden halten. |